Der Förderverein für dieses Projekt strebt an, auch in Köln einen Ort zu schaffen, der an das Wirken von Marx, seiner Frau Jenny und seiner Mitstreiter und Mitstreiterinnen erinnert. Er soll über die Zeit und die Geschehnisse während Marxens Zeit als Redakteur der „Rheinischen Zeitung“ und der „Neuen Rheinischen Zeitung“ informieren. Dabei wird deutlich werden, dass Köln in dieser Zeit mit an der Spitze der revolutioären Bewegung für Demokratie und eine Republik stand.
Mit dem Ausklang des Marx-Jahres 2018, das vor allem in Trier enthusiastisch gefeiert und zum grandiosen Tourismus-Event wurde, haben wir uns die Frage gestellt, warum in Köln so wenig an den Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus erinnert – genau genommen gar nichts, wenn man von einer Allee am äußersten Ende der Stadt[1], einer kleinen Tafel Am Heumarkt 65, dem ehemaligen Redaktionsort der „Neuen Rheinischen Zeitung“, und einer seltsamen Figur auf dem Kölner Rathausturm[2] absieht, die seinem Format als politischer Denker kaum gerecht wird.

Trier hat sein Marx-Haus, in Wuppertal gibt es ein Engels-Museum, in London eine „Karl Marx Memorial Library“, in Wien eine Genossenschaftssiedlung namens „Karl-Marx-Hof“, der eine Ausstellung über das „Rote Wien“ angeschlossen ist. Nur Köln glänzt durch konsequente Nicht-Beachtung von Marx, obwohl er zwei entscheidende Phasen seines Lebens hier verbrachte, die Jahre 1842/43 und 1848/49, in denen er als Redakteur der „Rheinischen“ und „Neuen Rheinischen Zeitung“ nicht nur die Grundlagen seiner ökonomischen Theorie legte, sondern auch zum Sprachrohr der Revolution wurde. Er selbst hat einmal darüber gesagt:
„Im Jahr 1842/43, als Redakteur der ‘Rheinischen Zeitung‘, kam ich zuerst in die Verlegenheit, über sogenannte materielle Interessen mitsprechen zu müssen. Die Verhandlungen des Rheinischen Landtags über Holzdiebstahl und Parzellierung des Grundeigentums, Debatten endlich über Freihandel und Schutzzoll, gaben die ersten Anlässe zu meiner Beschäftigung mit ökonomischen Fragen.“
Was Köln braucht, ist aber kein Marx-Denkmal, das ihn als einzige Galionsfigur auf den Sockel hebt, sondern einen Ort der Erinnerung an die 1840er Jahre, in denen die Stadt ein Zentrum der Demokratie und der Revolution war. Dazu gehört neben Marx auch Friedrich Engels, den er hier zum ersten Mal traf, dazu gehört der jüdische Journalist Moses Hess, der sozialistische Armenarzt Andreas Gottschalk, der Lyriker Georg Herwegh, der Kölner Arbeiterverein mit zeitweilig 7000 Mitgliedern, dessen erster Sekretär Fritz Anneke und “last not least“ seine Ehefrau Mathilde Franziska, die während seiner Haft die gemeinsame »Neue Kölnische Zeitung« allein herausgab und nach deren Verbot eine »Frauenzeitung«, die erste deutsche Frauenzeitung überhaupt.

Vor allem sollte auch an Jenny von Westphalen, verheiratete Marx, erinnert werden, die Karl Marx mit drei Kindern nach Köln folgte und politisch wie moralisch während des ganzen, oft von Not und Elend geprägten Lebens auch im Exil, immer an seiner Seite stand. Die belesene und außerordentlich gebildete Jenny Marx war aktives Mitglied der sozialistischen Bewegung. Sie stand in Korrespondenz mit Lassalle, Engels, Liebknecht und vielen anderen bedeutenden Zeitgenossen. In Zusammenarbeit mit ihrem Mann schrieb sie auch dessen manchmal nahezu unleserlichen Texte ins Reine.
In Köln lebte die Familie bis zum Ende von Marx Redakteurstätigkeit bis zum 19. Mai 1849. Da erschien die letzte Nummer der „Neuen Rheinischen Zeitung“ ganz in Rot mit über 15 000 verkauften Exemplaren und dem berühmten Gedicht von Freiligrath. Sogar im Karneval wurde die Revolution thematisiert und “satirisch“ dargestellt, sodass die Ausstellung in den Räumen für Karl und Jenny auch ihre humoristischen Komponenten haben könnte.

Im Kölnischen Stadtmuseum, im Rheinischen Bildarchiv, im Historischen Archiv der Stadt Köln, in der Universitäts- und Zentralbibliothek, im Wallraf-Richartz-Museum und im Archiv der Sozialen Demokratie in Bonn gibt es zahlreiche Bilder, Objekte und Dokumente, mit denen sich diese Geschichte darstellen lässt: historische Zeitungsartikel und Flugblätter, Briefe und Porträts der Protagonistinnen und Protagonisten, Karikaturen, Fahnen, Trommeln, Revolutionsgemälde, vor allem von dem Kölner Maler Wilhelm Kleinenbroich, der in dieser Stadt viel zu wenig bekannt ist, um nur einige Beispiele zu nennen.
[1] der Karl-Marx-Allee in Chorweiler/Seeberg [2] Helmut Moos